Wasser bedeutet Leben und Zukunftschancen
Vor allem Frauen sind von unzureichender Wasserversorgung betroffen
Sharlyne Kapua hält aufgeregt und erfreut ihre Hand unter den Wasserstrahl, der aus einem Hahn kommt. "Das Wasser ist so klar und rein", sagt sie, und schlürft das Wasser direkt aus ihrer Hand. "So trinkt man es, wenn man keinen Becher hat. Es schmeckt so gut!" Das Wasser kommt aus zwei Wasserspeicher, die pro Stück 10.000 Liter umfassen können. UNICEF installierte ein solarbetriebenes Wassersystem an der Schule in Lodwar, Kenia, wo auch Sharlyne zum Unterricht geht.
Was für uns alltäglich ist, ist für Sharlyne und die anderen Menschen im Dorf Lodwar, im Nordwesten Kenias, eine Befreiung. Denn die Besorgung von Wasser ist ein gefährliches und zeitraubendes Unterfangen – insbesondere für Frauen und Mädchen.
In den letzten Jahren erlebte Kenia eine der schlimmsten Dürren der letzten Jahrzehnte. Vieh verendete, Ernten wurden zerstört und Menschen mussten ihr Zuhause verlassen, da ihre Lebensgrundlage wegfiel. So erging es auch Beatrice Lokalal in Kangaki, ebenfalls im Nordwesten des Landes. Zuvor hatte sie das Wasser für den täglichen Gebrauch aus einem Fluss geholt, der drei Kilometer entfernt lag. Während der Dürre musste sie teilweise mehr als 15 Kilometer am Tag laufen, um nicht aufbereitetes Wasser aus der nächsten Quelle zu bekommen. Das bedeutet teils bis zu vier Stunden Fußweg.
Auch Sharlyne musste zuvor Wasser aus anderen Quellen besorgen: "Vor der Wasserstelle mussten wir immer Wasser aus dem Fluss holen", erzählt Sharlyne. "Aber wir konnten dort Krokodile sehen und hatten Angst. Die Schüler wurden wegen des schmutzigen Wassers krank. Einmal wurde ich so krank, dass ich zwei Wochen lang ins Krankenhaus musste. Ich fühlte mich so schlecht. Außerdem habe ich viel vom Unterricht verpasst."
Zeit für Beschaffung von Wasser raubt Mädchen die Zukunft
In vielen Familien weltweit tragen Frauen und Mädchen die Verantwortung für die Beschaffung von Wasser. In sieben von zehn Haushalten, die keinen Wasseranschluss haben, ist es die Aufgabe von Frauen und Mädchen über 15 Jahren Wasser zu holen. Bei Kindern unter 15 Jahren sind fast doppelt so oft Mädchen für das Wasserholen zuständig wie Jungen.
Darunter leidet vor allem die Bildung der Mädchen und ist für ihre Zukunft ausschlaggebend. Denn anstatt zur Schule zu gehen, sind sie oft stundenlang damit beschäftigt, Wasser zu holen. Manche Wasserstellen sind mehrere Kilometer weit entfernt – wie bei Beatrice Lokalal. Je weniger die Mädchen zur Schule gehen, desto eher fehlen ihnen wichtige Voraussetzungen, um Armut und finanziellen Abhängigkeiten zu entfliehen. Die Ungleichheit zwischen Mädchen und Jungen wird so immer mehr verstärkt.
Mädchen, die nicht zur Schule gehen, sind einem größeren Risiko ausgesetzt, in Zwangsehen gedrängt zu werden. So ging es auch Freundinnen von Sharlyne: "Einige meiner Freundinnen brachen den Unterricht wegen der Armut ab. Sie wurden gezwungen zu heiraten oder wurden schwanger. Jetzt können sie nicht mehr in die Schule zurückkehren. Ich war so traurig für sie." Bildung ist eines der wirksamsten Mittel, um Mädchen vor einer frühen Zwangsehe zu schützen. Denn ein Mädchen, das zur Schule geht, wird eher als Kind angesehen und als nicht bereit für die Heirat.
Zudem erlangen die Mädchen mehr Selbstbewusstsein, wenn sie zur Schule gehen und sich bilden. Dieses emotionale Rüstzeug kann ihnen helfen, sich auch innerhalb der Familie und Gemeinschaft zu positionieren und für ihre Belange und Rechte einzustehen.
Gesundheit der Mädchen durch Wassermangel in Gefahr
Mädchen und Frauen sind während ihrer Menstruation noch stärker auf vorhandenes, sauberes Wasser und sichere Sanitäranlagen angewiesen. Für uns alltägliche Dinge, wie Seife oder Binden, sind für viele Familien unerschwinglich. Weltweit fehlt es jeder fünften Schule an grundlegenden sanitären Einrichtungen und weniger als eine von drei Schulen verfügt über Behälter zur Entsorgung von Binden oder Tampons. Wenn Mädchen in der Schule keine Möglichkeit haben, ihre Menstruationshygiene sicher durchzuführen, sind sie gezwungen, während ihrer Periode dem Unterricht fernzubleiben. Zudem ist das Thema rund um die Menstruation in vielen Ländern stark stigmatisiert, was die Situation für die Mädchen und Frauen noch schwieriger macht. Sie können sich nicht offen über die Probleme, die sie haben, austauschen und haben keinen Zugang zu wichtigen Informationen rund um die Menstruation.
Durch fehlendes sauberes Wasser und Hygiene sind auch die Gesundheitsrisiken für Mädchen und Frauen besonders hoch. Nach dem traditionellen Rollenbild sind Frauen und Mädchen in vielen Ländern für die "Care Arbeit", den Haushalt oder die Pflege von kranken Angehörigen zuständig. Dadurch sind sie Krankheitserregern wie Bakterien und Viren besonders häufig ausgesetzt, während ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zum Händewaschen fehlt.
Beschaffung von Wasser– nicht langwierig, sondern auch gefährlich
Umu, aus Sierra Leone, war 14 Jahre alt, als sie die Gefahren des Wasserholens hautnah erleben musste. Sie wurde nachts von einem Mann vergewaltigt, als sie Wasser aus einem der Brunnen in der Gemeinde holte. Sexuelle Überfälle auf Mädchen und Frauen beim Wasserholen, oder auch um auf Toilette zu gehen, die sich nicht immer im Haus befinden, sind keine Seltenheit, vor allem wenn sie auf langen oder dunklen Strecken allein unterwegs sind. Eine Umfrage in 22 Ländern zwischen 2018 und 2021 ergab, dass Mädchen und Frauen sich oft unsicherer als Männer und Jungen fühlen, wenn sie nachts allein auf den Weg zu Gemeinschafts-Toiletten machen müssen.
Der Sudan wird immer wieder von extremen Wetterereignissen wie Dürren und Überschwemmungen getroffen. In vielen Teilen der Region Darfur ist somit auch das Wasser knapp. Die Gemeinden sind auf einige wenige Wasserquellen angewiesen, die oft versiegen. Der tägliche Weg ist insbesondere für Mädchen riskant und die großen Behälter, in die sie das Wasser füllen müssen, sind oft zu schwer zum Tragen.
Auch die 11-jährige Nujod war in der Vergangenheit stundenlang unterwegs, um Wasser zu suchen. Ohne Wasser konnte sie nicht nach Hause zurückkehren. "Oft begegnete ich auf meinem Weg Hunden und kletterte auf Bäume, bis sie weggingen, was mich viel Zeit kostete", erzählte sie.
Kinder haben Angst vor Verletzungen
Die 13-jährige Mayada aus dem Sudan ist für das Wasserholen in ihrem Haus verantwortlich. Seit sie denken kann, hat sie Wasser aus einer Quelle unter einem eingestürzten Brunnen geholt. Die Angst, zu stürzen und sich zu verletzen, während sie in das tiefe Loch hinein- und wieder herausklettert, hat sie täglich begleitet. "Ich habe mich schon einmal verletzt, als ich versuchte, in den Brunnen zu steigen, und mein Bruder auch, als er beim Hinabsteigen in das Loch fiel", erzählt Mayada. Die Geschicklichkeit, mit der sie sich an Stahlstangen festhält, während sie ihren Fuß in die kleineren, in die Wände gemeißelten Löcher steckt, zeigt deutlich, dass sie diese Bewegungen beinahe schon im Schlaf ausführt.
Die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen müssen verstärkt in politische Entscheidungen und Maßnahmen mit einbezogen werden. Nur so kann allen Menschen ein sicherer Zugang zu Wasser, Hygiene und Sanitär ermöglicht werden, wie es in den nachhaltigen Entwicklungszielen der Agenda 2030 (SDG6) verankert ist. Noch immer haben mehr als zwei Milliarden Menschen keinen sicheren Zugang zu Wasser zu Hause.
So setzt sich United Internet for UNICEF gemeinsam mit UNICEF für einen sicheren Zugang zu Wasser, Hygiene und Sanitär für Frauen und Mädchen ein
- Mit einem sicheren Zugang zu Wasser werden Gesundheitsrisiken reduziert und Mädchen sind nicht länger gezwungen, gefährliche Wege zurückzulegen, um Wasser zu holen. Dadurch bleibt ihnen mehr Zeit, um regelmäßig am Schulunterricht teilzunehmen.
- Sanitäre Anlagen in den Schulen sorgen dafür, dass Mädchen auch während ihrer Menstruation weiter lernen können. UNICEF versorgt Mädchen mit wichtigen Hygieneartikeln wie Binden und Tampons, die sich viele nicht leisten können.
- In praktischen Schulstunden lernen Kinder grundlegende Hygiene-Maßnahmen wie das Händewaschen, um Krankheiten vorzubeugen. Gleichzeitig werden Mädchen über die natürlichen Veränderungen ihres Körpers aufgeklärt und sie erhalten umfassendes Know-How zur Menstruationshygiene, sodass sie selbstbewusst und sicher mit ihrer Periode umgehen können.
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